Videoüberwachung über Stromnetz

Aktualisiert: 15.10.2019    Autor: Torben Vanselow über den Autor

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Autor: Torben Vanselow
War bisher u.a. tätig bei Mobotix AG, Prosegur GmbH, Ideal CCTV LTD (Schottland) u.a. in Position / Verantwortung: Projektkoordinator Videoüberwachung (VÜA), Hauptverantwortliche Fachkraft VÜA (BHE), Fachplaner VÜA (BHE) jeweils deutschlandweit. Referent für technische Seminare VÜA und BDM VÜA Deutschland-Mitte. Geschäftsführer.

Regelmäßig werde nach meinen Erfahrungen bezüglich des Betreibens von IP-Videoüberwachungskameras über bestehende Stromleitungsnetze gefragt. Darum hier ein kurzer Artikel zu dem Thema.

Das Motiv liegt natürlich auf der Hand - das Gebäude ist bereits saniert oder renoviert. Der Faktor Montagekosten spielt auch keine untergeordnete Rolle. Ich erinnere mich an ein Video-Überwachungs-Projekt in Schottland - die Mauern des Schloss-ähnlichen Gebäudes waren knapp zwei meter dick. Nicht nur musste man das Loch von zwei Seiten bohren (und auch noch treffen!) nein - nach jedem herausziehen des Durchbruchbohrers, rutschte alter bröckeliger Mörtel nach und das Loch war quasi wieder verschlossen.

Videoüberwachung über Stromnetz

Nach so einigem frustrierten Schwitzen "bastelten" wir also auf eine "innovative Lösung" los. Rein den LAN-über-Strom-Adapter in den Schaltkasten, gleich noch einen PoE-Injektor integriert und schon war der nächste Anschlusspunkt zum Greifen nahe...

... lasst mich einfach festhalten; im Nachhinein habe ich mir so manches mal gewünscht, wir hätten doch noch ein paar Tage geschwitzt. Und das lag auch nicht an einem besonderen HomePlug/DLAN/Powerlan/Powerline- etc. Hersteller.

Gerade erst letzten Monat hatte ich wieder den Anruf:" Ich weiß Sie hatten uns abgeraten und wir haben es trotzdem umgesetzt - aber können Sie uns helfen?". Meine Antwort Antwort ist dann ganz einfach - nein. Meiner Meinung nach ist die Zuverlässigkeit bei schätzungsweise einem Drittel der mir bekannten, über das Stromnetz realisierten IP-Videoanlagen, ungenügend für Sicherheitsanwendungen. Die Kosten, welche hierdurch den betreffenden Errichterunternehmen entstehen können, sind nicht leichter zu verdauen als der Image-Schaden.

Probleme beinhalten:

  • Unregelmäßige Verbindungsabbrüche
  • Es ist schwierig Fehler zu diagnostizieren - wo will man denn messen wenn es kein Kabel gibt?
  • Bei Verbindungsausfällen zeigen die LEDs einiger Produkte, trotzdem eine Aktive Verbindung an
  • Schlechte Qualität des Leitungsnetzes führt zu drastisch reduzierten Bandbreiten und Reichweiten
  • Störquellen - ein mir bekannter Fall konnte auf Lautsprecher nahe dem Verlauf der betroffenen Stromleitung zurückgeführt werden
  • die meisten Ehernet-über-Power-Systeme benötigen Bezug auf die selbe Phase (an allen Anschlusspunkten inklusive Switch/Router)
  • Videoüberwachungsanlagen, welche über das Stromnetz betrieben werden, können niemals über eine USV abgesichert werden. Schließlich fällt mit dem Strom auch die Verbindung aus

Meine persönliche Meinung: Finger weg von Lan-über-Stromnetz-Ideen (gleiches geht für Standard-Omnidirektionales W-Lan 2.4 GHz), wenn es um Sicherheitstechnik geht 

Es ist meine Auffassung, dass sich diese Technologien bestens in PC-Netzwerken und für normale Anwendungen im Heimgebrauch oder im kleinen Betrieb eignen. Professionelle Videoanlagen sollten kabelgebunden installiert werden.

Sollte man sich dennoch zur Umsetzung entscheiden

  • Sie möchten diese Lösung wirklich geschäftlich vertreiben? Warum nicht erstmal einen Dauertest in das Angebot aufnehmen?
  • man bedenke; sogar professionell verkabelte Cat-Netzwerke werden vor der Inbetriebnahme durchgemessen und geprüft
  • Im Eigenheim ist das finanzielle Risiko natürlich deutlich kleiner und es kann experimentiert werden
  • Heutzutage werden alle einigermaßen brauchbaren IP-Kameras mittels PoE betrieben - erwerben Sie daher nur Powerline-Adapter mit integriertem PoE Klasse 3 (ca. 15W -wieder teurer)...
  • ... oder Sie müssen ein weiteres PoE-Netzgerät (PoE-Injektor) an den Powerline-Adapter anschließen und eine weitere freie Steckdose investieren..
  • ... es wird dann so langsam auch nicht "schöner". Wo die Adapter für PCs und TV-Geräte oft unter dem Schreibtisch oder hinter dem Fernsehschrank verborgen werden können, liegen die (nächsten) Steckdosen für Videoüberwachungskameras oft offen sichtbar
  • das kann ich doch mit einer Steckdose auf dem Dachboden oder im Hohlraum erledigen, da sieht sie keiner ... ok .. wenn wir da rankommen sollte die weitaus günstigere Netzwerkleitung auch verlegbar sein (!)
  • Aktivieren Sie die Verschlüsselung und nutzen Sie keine Standard-Passwörter des Herstellers! Entgegengesetzt der allgemeinen Annahme, verbinden sich Powerline-Adapter heute sehr häufig mit denen Ihrer Nachbarn

Anmerkung: Die technische Entwicklung steht nicht still. Jüngste Produkte werben mit Verbesserungen wie Phasen-Sprung und Nutzung des Schutzleiters. Sollte ein Leser, über eine Reihe von Projekten hinweg, durchgängig zuverlässige Erfolge erzielen, dann bitte ich um einen kurzen Kommentar mit Angabe der verwendeten Technik -Vielen Dank!


Update 10 Monate nach der ursprünglichen Veröffentlichung dieses Artikels

Alternative Möglichkeiten der Installation von Videoüberwachung in sanierten / renovierten Gebäuden mit oder ohne Kabel

So eine hohen Anzahl an Besuchern und weiteren Fragen hatte ich zu diesem Thema gar nicht erwartet - vielen Dank liebe Leser!

Seit ich den vorhergehenden Artikel oben schrieb, erhalte ich regelmäßig Fragen nach weiteren Alternativen und "Tricks", mit denen die Installation von Videokameras in sanierten und renovierten Wohnungen und Häusern vereinfacht werden kann.

Wie viele von Euch ja wissen, setzte ich seit Jahren (aus vielerlei guten Gründen) nahezu ausschließlich Geräte der Marke Mobotix ein und vertreibe diese auch auf dieser Webseite. Daher kann diese Fortführung des Artikels gerne auch als Werbung angesehen werden.

Die nachfolgende Lösung ist nach Dekaden an Erfahrung meine Standardlösung für Projekte der folgenden Kriterien geworden:

  • Das Objekt ist saniert oder renoviert und das Verlegen von Leitungen ist aufwendig
  • Kosten vor allem an der Installation und Leitungsnetz sollen eingespart werden
  • absolute Zuverlässigkeit soll unangetastet bleiben (setze ich als gewerbetreibender Profi bei Sicherheitstechnik voraus!)
  • es soll trotzdem Profitechnik (Mobotix, made in Germany) auf solche Weise projektiert werden, dass der Preis einer "made in China-Anlage" nicht weit überschritten, oder gar günstiger wird
  • es sollen die offiziellen Din-Normen für Erkennen etc. eingehalten werden, die auch ein Richter akzeptieren wird

Das geht nicht? Doch! Folgende Lösung setzen wir regelmäßig bei unseren Kunden, oder diese selbst bei sich ein:

 

Mobotix S16 - Nur 1 bis 2 Leitungen und ein ganzes Haus ist rundum mit Videoüberwachung gesichert

Der große Vorteil der Mx-S16 der all dies möglich macht ist folgender:

Eine Kamera (benötigt nur eine Netzwerkleitung) hat zwei separat positionierbare "Augen"

Diese beiden Augen, oder Sensor-Module werden jeweils mit bis zu 3m langen Objektivkabeln an das (diskret verbaute) Kameramodul angeschlossen. Also können diese Augen in bis zu 6m Abstand zueinander montiert werden.

Dies allein schafft schon ein Verhältnis benötigter Netzwerkleitungen zu herkömmlichen IP-Kameras von 1:2 (1:4 wenn die China-Kameras nicht einmal über PoE verfügen).

Hinzu kommt jedoch der Fakt, dass ein einzelner 6 Megapixel-Sensor der Mobotix-Kamera meist für eine ganze Hausseite ausreicht, um hohe Din-Normen wie Erkennen zu erfüllen. Typischerweise werden 2-3 herkömmliche Full-HD Kameras je Seite benötigt um einen ähnlichen Detailgrad zu erreichen.

Spätestens in dieser Betrachtungsweise kippt das Verhältnis der benötigten Kameras und Leitungen je erfasster Fläche (Erkennen) völlig in Richtung in der Mobotix-Lösung.

Das Viereck in den Abbildungen unten stellt ein Haus dar. Die gestrichelten Linien sind die zwei benötigten Netzwerkleitungen, welche auch Strom (PoE) transportieren.

Reichweite Din-Norm Erkennen

Modernste 6 Megapixel-Technologie ermöglicht gemäß IEC 62767 bei Objektiven der gelisteten Blickwinkel, die Erfüllung folgender Standards:

Grad: 90° Standard Erkennen: 13,20 m ; Standard Detektieren von Personen: 66,01 m

Um diesen hohen Detailgrad mit herkömmlichen Full-HD Kameras zu realisieren, würden in den meisten Szenarien 2-3 Kameras je Hausseite benötigt. Sie sparen die Installation von mehreren Leitungen und den Erwerb mindestens einer Kamera je Seite; das schafft Raum für echte Profitechnik!

Zum Vergleich: Wenn 13m Erkennen nicht ausreicht hier die 45 Grad variante. Natürlich können auch Sensor-Module unterschiedlicher Blickwinkel an einer Mobotix Mx-S16 betrieben werden.

Reichweite Din-Norm Erkennen

Modernste 6 Megapixel-Technologie ermöglicht gemäß IEC 62767 bei Objektiven der gelisteten Blickwinkel, die Erfüllung folgender Standards:

Grad: 45° Standard Erkennen: 29,02 m ; Standard Detektieren von Personen: 145,10 m

Was sparen wir als nächstes ein?

Herkömmliche IP-Kameras benötigen eine NVR / Rekorder-Lösung. Dies ist meistens ein NVR (Netzwerk Video Rekorder) oder eine Software/ Server / NAS mit Lizenzen (EUR 30,- bis EUR  60,- im Heimbereich und oft mehrere hundert EUR im Profibereich) je Kamera zzgl. des Gerätes selbst.

Wie ist das bei Mobotix?

Sie bezahlen keine Lizenzen! Die entsprechende professionelle Software können Sie kostenlos mit Ihren erworbenen Mobotix-Kameras einsetzen.

Mobotix Kameras können grundsätzlich schon mal, ereignisgesteuert, auf die bereits integrierten SD-Karten speichern. Damit werben zwar auch viele andere Hersteller, jedoch handelt es sich dabei typisch um ein unverwaltetes Verzeichnis ohne vernünftigen Ringspeicher (automatisches Löschen alter Aufzeichnungen), Speicherüberwachung und Optimierung des Speicherverfahrens für SD-Karten.

Gerade das Fehlen des Letzteren führt häufig zu einem sehr schnellen Verschleiß der SD-Karte und schon muss die Leiter wieder raus.

Desweiteren speichern Mobotix-Kameras direkt auf ein freigegebenes Verzeichnis einer NAS. Es wird keine Software (Surveillance Station etc.) oder Lizenz auf der NAS benötigt!

Somit können wir eine einzelne S16 mit zwei Sensormodulen schon als ein vollwertiges, autarkes Videosystem inklusive Intelligenz und Aufzeichnung betrachten

Hier die verwendeten Produkte. Alternativ sind die sichtbaren Elemente auch in schwarz erhältlich.